Mittwoch, 16. März 2016

Die Ringparabel

Zuerst die Frage, was ist eigentlich eine Parabel? Eine Parabel (lat. parabole) ist eine lehrhafte und kurze Erzählung. Sie wirft Fragen über die Moral und ethische Grundsätze auf, welche begreifbar werden, wenn man sie in andere Vorstellungsbereiche überträgt. Die Parabel besteht aus 2 Ebenen. Die Bildebene beschreibt das vordergründige Geschehen, aus dem durch Deutung das Eigentliche abgeleitet werden kann: die Sachebene. Der Leser soll die Arbeit des Autors umgekehrt nachvollziehen. Eine Parabel enthält meist zwei Lehren: Zum einen eine im engeren Sinn, zum anderen eine im weiteren Sinn. Die Parabel ist mit dem literarischen Gleichnis verwandt.

Erklärung der Ringparabel:

Feliks:  Hey! Wir schreiben ja morgen die Arbeit zu Nathan der Weise. Hab aber irgendwie die Ringparabel noch nicht richtig verstanden. Kannst Du mir die bitte nochmal erklären?
 
Martin:  Klar lieber FeliKS! Hast Du denn schon irgendwas verstanden?

Feliks:  Naja irgendwie nicht.

 Martin:  Ok. Da fangen wir ganz von vorne an. Also die Bildebene hast Du im Kopf, oder?

Feliks:  Ja. In einer Familie hat der Vater einen kostbaren Ring. Man sagte, er leuchtet in 100 schönen Farben. Er macht vor Gott und Menschen beliebt. Bevor er stirbt, gibt der Vater dem Sohn, den er am liebsten hat, den Ring und damit im Prinzip auch das Haus. Das geht viele Generationen so. Doch einmal hatte ein Vater alle drei Söhne gleich lieb. Er wusste erst nicht so richtig, was er machen sollte, denn er wollte keinen seiner Söhne entäuschen. Doch dann ging er zu einem Kunstschmied, der ihm zwei identische Ringe anfertigte. So gab er jedem Sohn im Vertrauen den Ring. Später starb der Vater und nun wollen alle drei Söhne Herr im Haus sein. Sie streiten und zanken und gehen schließlich zu einem Richter. Jeder behauptet vor ihm, dass er den Ring aus der Hand des Vaters, im Vertrauen bekam, was ja auch stimmte. Der Richter meinte, dass der echte Ring doch beliebt mache. Aber die drei Söhne stritten sich ja alle. So schlussfolgerte er, dass der echte Ring verloren ging und alle drei einen falschen Ring hätten.

Martin: Genau. Das stimmt erst einmal. Jetzt zur Sachebene. Der Ring des Vaters stellte eine Religion dar. Sie war sehr vielfältig. Das sind die 100 schönen Farben. Sie wurde liebevoll von Generation zu Generation weitergegeben. Der Ring also immer von Vater zu Sohn. Nun treffen drei große Religionen aufeinander. Das sind die drei Söhne des Vaters. 

Feliks:  Achso. Dann ist der Vater bestimmt Gott oder?

Martin: Ja genau! Aber Schritt für Schritt. Er will keinem Sohn sagen, dass dieser nicht den Ring bekommt. Gott will also keiner Religion sagen, dass sie falsch ist, beziehungsweise keiner sagen sie sei die alleinige Richtige. Die drei Ringe, die später vorhanden sind stellen die drei Weltreligionen Christentum, Judentum und Islam dar. Ein Ring ist der Richtige. Das heißt was?

Feliks: Eine Religion ist die Richtige. Aber welche?

Martin: Das ist die Frage. Jeder Sohn behauptet ja, den echten Ring zu haben. Die Anhänger der Religionen behaupten, dass ihre die Richtige ist und begründen das damit, dass es ihnen Gott gesagt hätte. Was ja auch stimmt. Wie die drei Söhne beim Richter. Der Richter sagt ja auch, dass so wie die Söhne sich aufführen, keiner den echten Ring besitzt. Und solange sich Anhänger von Religionen bekriegen um herauszufinden, welche die Richtige ist, wird es auch keine wahre Religion geben.

Feliks: Jetzt hab ichs verstanden. Danke!

Martin: Kein Ding!  

Botschaft: Die Ringparabel ruft dazu auf, andere Religionen zu tolerieren, anstatt sich ständig darüber zu streiten, welche Religion die Richtige ist.

Saladins Verhalten: 

Bevor Nathan mit der Ringparabel anfängt,willSaladin ihn hereinlegen und stellt ihm eine sehr schwer zu beantwortende Frage, die man (wie er denkt) nur "falsch" beantworten kann. Während Nathan erzählt merkt Saladin, dass Nathan ein sehr schlauer Mensch ist und sogar diese schwere Frage geschickt beantworten kann. Nathan bringt Saladin sogar einmal zum Grübeln bzw. zum Verstummen. Er versteht die Ringparabel. Als Nathan die Parabel beendet ist er fast traurig, dass Nathan schon fertig mit Erzählen ist. Er möchte nun Nathan als Freund gewinnen.

(verfasst von Martin Prescher)