Freitag, 11. März 2016

Aufbau dieses "dramatischen Gedichts"

Die Struktur und der Aufbau Lessings Nathan der Weise lässt sich sehr gut an der Dramenpyramide von Gustav Freytag darstellen (siehe Abb.1). Es gibt jedoch einige Widersprüche. Freytag beschreibt beispielsweise den zweiten Schritt mit einem erregendem Moment, in Nathan der Weise handelt es sich hingegen um die Vertiefung der Geschichte. Es gibt auch keine Katastrophe am Ende, sondern eher eine glückliche Lösung. Der 
Konflikt existiert zwar, aber bei diesem stirbt niemand. Der Konflikt in Nathan der Weise besteht aus den ungeklärten Familienverhältnissen Nathans und die Frage nach der "richtigen" Religion.
Abb. 1

Jeder Akt/Aufzug kann einer Stufe im Dramenaufbau Freytags zugeordnet werden. Der erste Aufzug beschreibt die Exposition, also die Einleitung und Einführung in die Geschichte. Nathan wird vorgestellt und man bekommt einen Einblick in seine Lebenswelt. 
Mit dem zweiten Aufzug wird die Welt des Sultans und das Verhältnis zwischen Nathan und dem Tempelherrn deutlich. Die Geschichte wird vertieft. 
Im dritten Aufzug kommt es dann zum Höhepunkt. Die Ringparabel kann als solches angesehen werden. 
Mit dem vierten Aufzug kommt die schlimmstmögliche Handlung, welches im Gegensatz zur Abbildung steht, da das retardierende Moment ja eigentlich ein Gefühl von Hoffnung auf den Leser ausübt. Im Falle Lessings ist es aber das Eingreifen des Patriarchen. 
Im fünften Aufzug kommt es schließlich zur glücklichen Lösung. Die Familie Nathans wird zusammengeführt. 

(verfasst von Feliks Retschke)